Allgemeine Unterhaltshinweise
Zum Unterhaltsrecht geben wir zu Ihrer Orientierung vorab folgende allgemeinen Hinweise:
  • Unterhaltsberechtigt ist nur, wer seinen Lebensbedarf nicht aus eigenem greifbaren Einkommen und in Sonderfällen aus der Verwertung von Vermögen decken kann.
  • Unterhalt ist damit die Ausnahme und nicht die Regel, was oft laienhaft übersehen wird. Die Unterhaltslast greift schließlich in die verfügbaren Mittel des Unterhaltspflichtigen ein.
  • Gesetzliche Unterhaltspflichten bestehen zwischen Kindern und Eltern oder Adoptiveltern, aber auch Großeltern, Urgroßeltern usw.
  • Das nicht aus einer Ehe stammende Kind wird seit 1. 7. 1998 nicht anders behandelt.
  • Häufige Unterhaltspflichten bestehen zwischen getrenntlebenden oder geschiedenen Eheleuten.
  • Auch der betreuende Elternteil eines nicht aus der Ehe stammenden Kindes kann unterhaltsberechtigt sein, ganz überwiegend ist das die Mutter. Dieser Anspruch ist nachrangig und in der Regel auf nunmehr höchstens drei Jahre beschränkt; Ausnahmen sind nach geltendem Recht möglich.
  • Verwandtenunterhalt kann auch zugunsten der älteren Generation greifen, zB bei Eltern.
  • Je nach dem rechtlichen oder verwandtschaftlichen Verhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten folgt das Unterhaltsrecht sehr unterschiedlichen Regeln.
  • Jede Unterhaltslage löst zunächst umfangreiche gegenseitige Auskunftspflichten bzw. Darlegungspflichten über das eigene Einkommen und Vermögen aus. Da der Auskunftsanspruch der Unterhaltsprüfung vorausgeht, kann er nur dann global abgewehrt werden, wenn völlig eindeutig und unabhängig von Einkommen und Vermögen eine Unterhaltspflicht ausgeschlossen werden kann. Das ist selten der Fall. Der Auskunftsanspruch ist vorweg gerichtlich durchsetzbar.
  • Unterhaltsrechtlich kann es auf jede Einkommensquelle ankommen, auch auf Mieten, Zinsen, Renten, Teile von Spesen usw.
  • Im Unterhaltsrecht ist immer nur das verfügbare durchschnittliche Nettoeinkommen maßgeblich. Normalerweise wird mit dem Jahresdurchschnitt gerechnet.
  • Unterhalt gibt es deshalb nur zwölf Mal im Jahr, grundsätzlich in gleicher Höhe, wenn sich an den Grundlagen nichts ändert.
  • Vor der Bestimmung des Nettoeinkommens sind Steuern aus dem Einkommen in jeweiliger Höhe ebenso abzuziehen wie Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung (Arbeitnehmeranteile) und angemessene bzw. notwendige freiwillige Sozialbeiträge, zB beim Selbständigen.

Stets ist mehrstufig zu unterscheiden:

 

Zunächst nach dem Bedarf des Unterhaltsberechtigten. Bei Ehegatten (auch geschiedenen) richtet er sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, die schwer zu bestimmen sein können. Insoweit ist oft von den prägenden Verhältnissen die Rede. Kinder aber nehmen aufgrund ihrer unselbständigen Lebensstellung stets am aktuellen Einkommen des (oder der) Unterhaltspflichtigen teil. Unterschiedliche Ansätze gibt es insoweit bei den verschiedenen Gruppen unterhaltsberechtigter Kinder (Minderjährige, Minderjährige Auszubildende, privilegierte Schüler von 18 bis 21, die noch im Haushalt eines Elternteils leben, Volljährige in Ausbildung, Volljährige in besonderen Lagen, zB Behinderte).

In nächster Stufe ist stets die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten zu prüfen. Sie entfällt, soweit die Lebenshaltungskosten aus eigenem Einkommen aller Art (Erwerbstätigkeit, Kapitalertrag, Vermietungseinkünfte usw.) oder aus zumutbarer Vermögenszerschlagung gedeckt werden können und müssen. Einkommen aus einer nicht zumutbaren Tätigkeit kann nur beschränkt anrechenbar sein, insbesondere im Ehegattenunterhaltsrecht. Es gibt Geldzuflüsse, die kein unterhaltsrechtliches Einkommen darstellen (zB bestimmte freiwillige Zuwendungen Dritter) oder nach dem Gesetz im Regelfall nicht anrechenbar sind, zB das Erziehungsgeld oder bestimmte andere Sozialleistungen wegen eines Gesundheitsschadens. Bei Verletzung eigener Einnahmequellen (speziell aus Arbeitspflicht, juristisch genannt Erwerbsobliegenheit) kann das Familiengericht ein sogenanntes fiktives Einkommen ermitteln – oft durch einfache Schätzung – und zugrundelegen.

In dritter Stufe ist stets die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen für den nach den ersten zwei Stufen verbleibenden ungedeckten Unterhalt zu prüfen. Hier gelten gegenüber Kindern und Ehegatten oft unterschiedliche Selbstbehaltssätze. Unterster Selbstbehalt ist das Existenzminimum, auch als Notbedarf bezeichnet, aktuell (West) 1.500/1.300 DM, je nachdem ob der Pflichtige erwerbstätig ist. Bei umfangreicheren Unterhaltspflichten kann ein Mangelfall vorliegen, in dem Rangverhältnisse der Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen sind. Bei ausgeprägtem Mangel ist auch der Unterhalt der erstrangig Unterhaltsberechtigten gleichmäßig (allerdings nach schwierigen und keinesfalls einheitlichen Berechnungsregeln) zu kürzen.

Letztlich kann eine Begrenzung von Unterhaltsansprüchen in Frage kommen. Das Gesetz lässt insbesondere beim Ehegattenunterhalt Beschränkungen wegen Unbilligkeit oder kurzer Ehe zu, auch in der Laufzeit. Diese Korrekturmöglichkeiten sind allerdings sehr viel enger als punktuelle Hinweise in der Tagespresse das vermuten lassen.

Überhaupt gehört das Unterhaltsrecht zu den schwierigen Rechtsgebieten. Jeder Einzelfall ist anhand seiner tatsächlichen Grundlagen anders zu beurteilen, so dass es keine sinnvollen Patentrezepte gibt und Sie Erkenntnisse aus Unterhaltsfällen in Ihrem Umfeld nur sehr vorsichtig auf den eigenen Fall übertragen sollten.

Die Bearbeitung von Unterhaltsfällen ist auch für den Juristen zeitaufwendig, so dass es darauf ankommt, dass benötigte Daten und Belege vollständig, rechtzeitig, lesbar und möglichst zeitlich und systematisch geordnet zur Verfügung gestellt werden.

Verfasser: Rechtsanwalt Peter A. Aßmann