Vor Beginn einer Berufsausbildung machen Bewerber häufig ein Praktikum im Ausbildungsbetrieb. Das Bundesarbeitsgericht hatte im November 2015 einen Fall zu entscheiden, bei dem es darum ging, ob das Praktikum auf die Probezeit des Berufsausbildungsverhältnisses anzurechnen war. Dies ist von großer Bedeutung, weil ein Berufsausbildungsverhältnis nur während der Probezeit frei gekündigt werden kann. Danach ist ein wichtiger Grund, wie bei einer fristlosen Kündigung, erforderlich.

 

Der Sachverhalt: Nach Abschluss der Schule hatte ein Auszubildender sich für eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann beworben. Ausbildungsbeginn sollte - wie üblich - der 01.08. sein. Vorher absolvierte der Auszubildende allerdings ein mehrmonatiges Praktikum. Im Berufsausbildungsvertrag wurde dann eine dreimonatige Probezeit vereinbart. Der Betriebsinhaber kündigte dann innerhalb der Probezeit das Berufsausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen.

Der Auszubildende war damit nicht einverstanden und meinte, die Kündigung sei unwirksam. Die vorangegangene Praktikantenzeit sei nämlich auf die Probezeit anzurechnen. Die Kündigung sei daher nicht mehr in der Probezeit erfolgt, sodass ein wichtiger Grund erforderlich sei, welcher nicht vorliege.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung hingegen die Kündigung bestätigt. Das Berufsbildungsgesetz sieht zwingend die Vereinbarung einer Probezeit vor, welche die Dauer von einem bis zu vier Monaten haben kann. Der Sinn liegt darin, dass Auszubildender und Ausbilder Gelegenheit haben sollen, sich gegenseitig kennen zu lernen und zu erproben, um beurteilen zu können, ob die Ausbildung über den gesamten Zeitraum des fest abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisses - meist drei Jahre - durchgeführt werden kann. Hier könnte man meinen, dass dazu auch das Kennenlernen während des Praktikums ausreicht.

Das Bundesarbeitsgericht hat hingegen die Auffassung vertreten, diese gegenseitige Erprobung sei nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinen spezifischen Pflichten möglich. Daher ist nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ein vorausgegangenes Praktikum nicht auf die Probezeit des nachfolgenden Ausbildungsverhältnisses anzurechnen.

(Quelle: BAG, Urteil vom 19.11.2015, Aktenzeichen: 6 AZR 844/14)

Wichtig: Eine Probezeit muss zwingend vereinbart werden, wobei diese mindestens einen Monat und höchstens vier Monate betragen darf (§ 20 Berufungsbildungsgesetz). Die Vereinbarung der Probezeit und möglichst auch die Ausschöpfung der Höchstdauer sind besonders für die ausbildenden Betriebe von großer Bedeutung. Denn nach Ablauf der Probezeit ist eine Trennung von dem Auszubildenden nur noch unter sehr schwierigen Bedingungen möglich. Erforderlich ist ein sogenannter „wichtiger Grund“ wie in § 626 BGB geregelt. Dies bedeutet, dass Gründe vorliegen müssen, die dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unzumutbar machen. Die Schwelle dafür wird von der Rechtsprechung - im Interesse der Auszubildenden zu Recht - hoch gelegt.

Verfasser: Peter A. Aßmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht