Arbeitsrecht: Entscheidungen
Krankfeiern und Teilnahme an einer Partyveranstaltung kann fristlose Kündigung rechtfertigen
19.01.2023
Das Arbeitsgericht Siegburg hat in einem aktuellen Urteil vom 16.12.2022 (AZ: 5 Ca 1200/22) entschieden, dass es eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann, wenn eine Arbeitnehmerin sich für 2 Tage krank meldet und in dieser Zeit an einer Partyveranstaltung teilnimmt. Es sei von einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit auszugehen.
In dem entschiedenen Fall war die Arbeitnehmerin seit mehreren Jahren als Pflegeassistentin beschäftigt. Für Samstag, den 2.7.22 und Sonntag 3.7.22 war sie zum Spätdienst eingeteilt. Sie meldete sich krank und legte auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. In der Nacht nahm sie an der „White Night Ibiza Party“ statt, die in Hennef im sog. "Schaukelkeller" stattfand. Davon erhielt die Arbeitgeberin über Fotos in sozialen Medien Kenntnis.
Das Arbeitsgericht hat im Kündigungsschutzprozess den Beweiswert der AU-Bescheinigung als erschüttert angesehen und ist davon ausgegangen, dass die Arbeitnehmerin bei bester Gesundheit gewesen sei. Die Erklärung, sie habe an einer 2-tägigen psychischen Erkrankung gelitten, die vom Arzt nachträglich festgestellt worden sei, hat es als unglaubwürdig angesehen. Die vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit rechtfertige eine fristlose Kündigung.
Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Anmerkung:: Nach der gesetzlichen Regelung muss ein Arbeitnehmer, wenn er erkrankt und deshalb nicht arbeiten kann sich rechtzeitig krank melden und zwar grundsätzlich so früh wie möglich vor Arbeitsbeginn. Dauert die Erkrankung länger als 3 Tage, muss er eine Arzt aufsuchen und sich krank schreiben lassen. Bisher bekam er dann von Arzt eine AU-Bescheinigung - auch „gelber Schein“ genannt - die er am 4. Tag dem Arbeitgeber vorlegen musste. Für gesetzlich Krankenversicherte ist diese Pflicht zur Vorlage der AU seit 1.1.2023 entfallen. Seither gilt eine elektronische Mitteilung über die Krankenkasse (für nicht gesetzlich Versicherte gilt die alte Regelung weiter). Die AU-Bescheinigung liefert zunächst den Beweis, dass Arbeitsunfähigkeit besteht, was den Entgeltfortzahlungsanspruch auslöst.
Bestehen allerdings nach den Umständen Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit, kann der Beweiswert erschüttert werden. Das hat das ArbG Siegburg im dem entschiedenen Fall angenommen im Hinblick auf die Teilnahme an der Party. Das Bundesarbeitsgericht hatte das z.B.kürzlich angenommen in einem Fall, in dem der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis selbst gekündigt hatte und die am selben Tag ausgestellte AU-Bescheinigung passgenau den Zeitraum der Kündigungsfrist umfasste.
Ist der Beweiswert der AU-Bescheinigung erschüttert, weil Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen, muss der Arbeitnehmer weiteren Beweis antreten und dabei i.d.R. auch den Arzt von seiner Schweigepflicht entbinden.
Wichtig: Treten Zweifel an der AU-Bescheinigung auf, ist eine sorgfältige juristische Prüfung anhand aller Umstände des Falles erforderlich. Dies setzt entsprechende Fachkenntnis voraus.
Peter A. Aßmann
Fachanwalt für Arbeitsrecht